09. März 2023

  • Umsatzerlöse auf EUR 2,57 Mrd. gesteigert, bei gleichzeitigem Rückgang des EBITDA auf EUR 241,9 Mio.
  • Kosteneinsparungsprogramm in Höhe von EUR 70 Mio. planmäßig in Umsetzung
  • Größtes Investitionsprogramm der Unternehmensgeschichte mit Lyocellanlage in Thailand und Zellstoffwerk in Brasilien pünktlich und im Budget umgesetzt
  • Ausblick: Lenzing geht für 2023 von einem EBITDA in einer Bandbreite von EUR 320 Mio. bis EUR 420 Mio. aus

Lenzing – Die Lenzing Gruppe, weltweit führende Anbieterin von Spezialfasern für die Textil- und Vliesstoffindustrien, war im Geschäftsjahr 2022 wie der Großteil der verarbeitenden Industrie in Europa, zunehmend von den extremen Entwicklungen an den globalen Energie- und Rohstoffmärkten betroffen. Im dritten und vierten Quartal verschlechterte sich zudem das Marktumfeld deutlich und das sich eintrübende Konsumklima belastete die Geschäftsentwicklung der Lenzing zusätzlich.

Die Umsatzerlöse stiegen im Berichtsjahr primär aufgrund höherer Faserpreise um 16,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf EUR 2,57 Mrd. Die verkaufte Fasermenge verringerte sich, während die verkaufte Zellstoffmenge einen Anstieg verzeichnete. Die Ergebnisentwicklung spiegelt neben dem Nachfragerückgang insbesondere die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten wider. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) ging 2022 um 33,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf EUR 241,9 Mio. zurück. Das Jahresergebnis lag bei minus EUR 37,2 Mio. (nach EUR 127,7 Mio. im Geschäftsjahr 2021), das Ergebnis je Aktie bei minus EUR 2,75 (nach EUR 4,16 im Geschäftsjahr 2021).

Vor dem Hintergrund der Ergebnisentwicklung und des deutlich verschlechterten Marktumfelds startete Lenzing im dritten Quartal 2022 ein Programm zur Reorganisation und Kostensenkung. Die Umsetzung des Programms verläuft planmäßig und soll nach vollständiger Implementierung annualisiert mindestens EUR 70 Mio. an Kosten einsparen.

Gleichzeitig werden weitere Maßnahmen zur Stärkung des Free Cashflow gesetzt. Dieser liegt für das Geschäftsjahr 2022 vor allem aufgrund der Investitionen in Brasilien und Thailand bei minus EUR 740,7 Mio. In den kommenden Monaten werden deshalb zusätzlich zum Einsparungsprogramm von EUR 70 Mio. weitere Schritte zur Reduktion des Working Capital umgesetzt sowie Währungs- und Energiepreis-Hedging neu aufgestellt. Ein positiver Beitrag zum Free Cashflow ist durch den vorübergehenden Verzicht auf Dividendenzahlungen zu erwarten. Sämtliche Maßnahmen finden vor dem Hintergrund einer soliden Liquiditätsreserve von EUR 686 Mio. statt.

„Lenzing sah sich aufgrund der multiplen Krisen des vergangenen Jahres sehr starkem Gegenwind ausgesetzt. Dennoch können wir mit großer Zuversicht nach vorne blicken, denn der mittel- und langfristige Bedarf an nachhaltigen Innovationen bleibt ungebrochen und die Nachfrage nach umweltverträglichen Fasern wird weiter steigen. Wir werden unsere Kostenbasis strukturell anpassen und gestärkt aus dieser Krise hervorgehen“, sagt Stephan Sielaff, Vorstandsvorsitzender der Lenzing Gruppe. „Bei allen externen Herausforderungen, auf die wir schnell und entschieden reagiert haben, dürfen wir aber auch auf herausragende Erfolge wie die Umsetzung unserer Investitionsprojekte in Thailand und Brasilien, sehr stolz sein.“

Mega-Investitionsprogramm erfolgreich umgesetzt

Mit der vollständigen Inbetriebnahme des Lyocellwerks in Thailand kann Lenzing ihren Spezialitätenanteil deutlich erhöhen und damit die strukturell wachsende Nachfrage nach umweltverträglichen Lyocellfasern der Marken TENCEL™ und VEOCEL™ noch besser bedienen. Die neue Produktionsanlage ist mit einer Nennkapazität von 100.000 Tonnen pro Jahr die weltweit größte ihrer Art. Der benötigte Faserzellstoff kann künftig auch aus dem neuen Werk in Brasilien bereitgestellt werden. Trotz der vielfältigen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Pandemie, konnte Lenzing beide Projekte pünktlich und im geplanten Kostenrahmen realisieren, und die bisher produzierten Mengen erfolgreich am Markt platzieren.

In China und Indonesien wandelt Lenzing derzeit bestehende Kapazitäten für herkömmliche Viscose in Kapazitäten für umweltverträgliche Spezialfasern um. In Nanjing steht Lenzing kurz vor der erfolgreichen Konvertierung einer Linie auf TENCEL™ Modalfasern. In Purwakarta schafft Lenzing zusätzliche Kapazitäten für Fasern der Marke LENZING™ ECOVERO™. Der indonesische Standort soll 2023 zum reinen Spezialviscose-Anbieter werden.

Änderungen im Vorstand und Strategie-Check

Im Berichtsjahr wurden auch wesentliche Änderungen im Lenzing Vorstand beschlossen. Stephan Sielaff folgte per 1. April 2022 als Vorstandsvorsitzender auf Cord Prinzhorn, der im vierten Quartal 2021 den Vorstandsvorsitz interimistisch übernommen hatte. Der Vorstand wurde gleichzeitig auf vier Personen reduziert. Nico Reiner wurde per 1. Januar 2023 zum neuen Chief Financial Officer bestellt. Er folgte in dieser Position Thomas Obendrauf nach. Das Vorstandsmandat von Chief Pulp Officer Christian Skilich wurde indes vorzeitig um weitere drei Jahre bis 31. Mai 2026 verlängert.

Zudem wurde auch eine umfassende Überprüfung der Unternehmensstrategie durchgeführt. Infolgedessen wird Lenzing ihren profitablen Wachstumskurs nach der erfolgreichen Umsetzung der beiden Schlüsselprojekte in Thailand und Brasilien fortsetzen, ihren Fokus auf nachhaltige und hochwertige Premium-Fasern für Textilien und Vliesstoffe schärfen und den Übergang von einem linearen zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft weiter forcieren.

„Champion der Nachhaltigkeit“

Durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen steigerte Lenzing auch 2022 die Sichtbarkeit ihrer Marken. Die Marke TENCEL™ bleibt die am stärksten wachsende Ingredient Brand der Textil- und Bekleidungsindustrie. Im weltweiten Markenbekanntheits-Ranking erreichte sie den zweiten Platz.

Lenzing wurde auch 2022 von einigen der anerkanntesten Organisationen weltweit für ihre Leistungen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft ausgezeichnet. Die Organisation CDP, die sich als Goldstandard am Kapitalmarkt etabliert hat, führte Lenzing erneut in drei Kategorien in ihrer A-Liste der umweltfreundlichsten Unternehmen an. Neben Lenzing gelang das nur 11 weiteren Unternehmen weltweit. Auch MSCI bestätigte im Dezember das „AA“-Rating der Lenzing. EcoVadis, ein unabhängiger Anbieter von Nachhaltigkeitsratings für Unternehmen, verlieh Lenzing bereits zum zweiten Mal den exklusiven Platin-Status; Lenzing gehört damit zum besten Prozent der bewerteten Unternehmen in ihrer Industrie.

Im renommierten „Hot Button Ranking“ der kanadischen Non-Profit-Organisation Canopy belegte Lenzing den ersten Platz und bestätigte damit ihre führende Rolle in den Bereichen Nachhaltigkeit sowie verantwortungsvolle Holz- und Zellstoffbeschaffung. Das Schlüsselprojekt in Brasilien wurde beim Transformational Business Award 2022 der Financial Times und der International Finance Corporation (IFC), einem Mitglied der Weltbankgruppe, mit einem Sonderpreis in der Kategorie „Transformative Lösungen für den Klimawandel“ ausgezeichnet.

Ausblick

Der Krieg in der Ukraine und die restriktivere Geldpolitik vieler Notenbanken zur Bekämpfung der Inflation werden das weltweite wirtschaftliche Geschehen weiterhin negativ beeinflussen. Die Lockerungen der chinesischen Zero-Covid-Politik könnten ein Katalysator für eine schneller als erwartete Erholung sein. Der IWF warnt aber davor, dass die Risiken insgesamt hoch bleiben, und geht für 2023 von einem Wachstum von 2,9 Prozent aus. Das Wechselkursumfeld bleibt in den für Lenzing wichtigen Regionen voraussichtlich volatil.

Dieses herausfordernde Marktumfeld belastet auch weiterhin das Konsumklima und die Stimmung in den für Lenzing relevanten Industrien. Zuletzt hellte sich der Ausblick wieder etwas auf und eine Normalisierung der Lagerbestände entlang der Wertschöpfungskette setzte ein. Die verhaltene Nachfrage bereitet Marktakteuren jedoch weiterhin Sorgen.

Im richtungsweisenden Markt für Baumwolle gingen die Lagermengen zuletzt zurück, blieben aber weiter über dem Vor-Corona-Niveau. In der laufenden Erntesaison 2022/2023 zeichnet sich ein Rückgang der Bestände ab. Die deutlich erhöhten Preise an den Energie- und Rohstoffmärkten sorgen weiterhin für ein sehr herausforderndes Marktumfeld.

Die Ergebnisvisibilität bleibt insgesamt eingeschränkt.

Strukturell geht Lenzing unverändert von einem steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen aus. Lenzing ist daher mit ihrer „Better Growth“ Strategie sehr gut positioniert, und wird sowohl das Spezialitätenwachstum als auch ihre Nachhaltigkeitsziele einschließlich der Transformation von einem linearen zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft weiter vorantreiben.

Unter Berücksichtigung der genannten Faktoren und unter der Voraussetzung einer weiteren Markterholung im laufenden Geschäftsjahr geht die Lenzing Gruppe für 2023 von einem EBITDA in einer Bandbreite von EUR 320 Mio. bis EUR 420 Mio. aus.

Ausgewählte Kennzahlen der Lenzing Gruppe EUR Mio.20222021
Umsatzerlöse2.565,72.194,6
EBITDA (Betriebsergebnis vor Abschreibungen)241,9362,9
EBITDA-Marge9,4 %16,5 %
Jahresergebnis-37,2127,7
Ergebnis je Aktie in EUR-2,754,16
Cashflow aus der Betriebstätigkeit-43,2394,0
CAPEX¹698,9844,3
31.12.202231.12.2021
Nettofinanzverschuldung1.869,0977,0
Bereinigte Eigenkapitalquote²37,8 %39,7 %
Mitarbeiter:innen (Beschäftigte)8.3017.958

1) Capital expenditures: Investitionen in immaterielle Anlagen, Sachanlagen und biologische Vermögenswerte laut Konzern-Kapitalflussrechnung
2) Prozent-Verhältnis bereinigtes Eigenkapital zur Bilanzsumme

Dominic Köfner

Vice President Corporate Communications & Public Affairs

Sébastien Knus

Vice President Capital Markets